Zwischen den systematischen Patiententötungen und der planmäßigen Ermordung der europäischen Juden besteht ein enger Zusammenhang. Bereits kurz nach Kriegsbeginn 1939 töteten SS-Einheiten in Polen gezielt Juden mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Der erste Massenmord an Juden im Deutschen Reich erfolgte 1940 im Rahmen der »Aktion T4«: In einer Sonderaktion wurden mehr als 2.000 jüdische Psychiatriepatienten allein aufgrund ihrer »Rassenzugehörigkeit« getötet. Bei der Ausdehnung der »Euthanasie«-Morde auf kranke und arbeitsunfähige KZ-Häftlinge ab Frühjahr 1941 (»Aktion 14f13«) selektierten Ärzte gezielt jüdische Gefangene.
Die »Aktion T4« diente als Vorbild für die »Endlösung der Judenfrage«. Die für die T4-Gasmordanstalten entwickelte Tötungstechnologie, der fließbandartige Tötungsablauf sowie das T4-Personal wurden bei der Judenvernichtung übernommen. Für die als »Aktion Reinhardt« bekannte Ermordung von mindestens 1,6 Millionen Juden im besetzten Polen stellte die »Kanzlei des Führers« ab Ende 1941 rund 120 T4-Männer ab. Diese nahmen aufgrund ihrer Erfahrungen mit Massenvergasungen Schlüsselpositionen bei der Errichtung und Organisation der drei Vernichtungslager in Bełżec, Sobibor und Treblinka ein. Sämtliche Kommandanten dieser Lager, darunter der Arzt und Leiter der T4-Tötungsanstalten Brandenburg und Bernburg, Irmfried Eberl, gehörten der T4 an. Nach Ende der »Aktion Reinhardt« wurden ab 1943 rund hundert T4-Mitarbeiter bei der Verfolgung von Juden und Partisanen in Italien eingesetzt.
Neben dieser personellen und organisatorischen Verbindung zwischen den beiden Mordprogrammen gibt es auch eine ideologische: Die nationalsozialistische Rassenideologie beruhte auf dem Glauben an die menschlichen Ungleichheit und auf der gezielten Verfolgung und Vernichtung von als minderwertig angesehenen Bevölkerungsgruppen.