Die Vernichtung von Psychiatriepatienten und Heimbewohnern war Teil der deutschen Kriegsführung seit 1939.
Mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 begannen dort Massenmorde an Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen. In den polnischen Anstalten wurden deutsche Anstaltsleiter eingesetzt, Patienten durften nicht mehr entlassen werden. Sondereinheiten erschossen tausende deutsche und polnische Psychiatriepatienten. Die SS führte die ersten Ermordungen in Gaskammern durch. Es kamen auch mobile Gaswagen zum Einsatz, in denen die Menschen durch Kohlenmonoxid getötet wurden.
Dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 folgten ebenfalls Massenmorde an psychisch Kranken. Im besetzten Lettland ermordeten SS-Einsatzgruppen in Kooperation mit einheimischen Hilfseinheiten etwa 2.500 Patienten. In Estland und Litauen starben tausende Patienten vor allem durch vorsätzliche Mangelernährung.
Wehrmacht, Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD sowie Militär- und Zivilverwaltungen kooperierten bei den Patientenmorden in der Ukraine, Weißrussland und Russland. Die Patienten wurden erschossen, vergiftet, gesprengt oder mit Gas ermordet. Auf diese Weise »geräumte« Anstalten nutzten danach oft die Wehrmacht oder die SS.
Insgesamt fielen den Morden in Polen und der Sowjetunion mindestens 40.000 Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen zum Opfer.
Das SK [Sonderkommando] 4b erschoss standrechtlich in der Zeit von 31.10.41 bis 5.11.41 insgesamt 740 Personen. Darunter waren: 3 politische Funktionäre, 1 Saboteur, 137 Juden, 599 Geisteskranke. Auch diese Aktion konnte entsprechend den getroffenen Vorbereitungen völlig reibungslos durchgeführt werden. Der durch die Erschiessung des grössten Teiles der Insassen der Irrenanstalt in Poltawa freigewordene landwirtschaftliche Betrieb steht in erster Linie den dortigen Kriegslazaretten zur Verfügung. Die angefallenen Wäsche-, Kleidungs-und sonstigen Gebrauchsgegenstände sind gleichfalls in erster Linie den Lazaretten zugeführt worden. Die 200 verbleibenden heilbaren Anstaltsinsassen werden im landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt.
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 8. Dezember 1941, Ereignismeldung UdSSR Nr. 143, zit. nach K.-M. Mallmann u.a. (Hg.): Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941, Darmstadt 2011, S. 860