Angehörige von Opfern der »Euthanasie«-Morde und Zwangssterilisierte grenzte die bundesdeutsche Entschädigungspolitik bewusst aus. Das Bundesentschädigungsgesetz von 1953 erkannte ihr Leid nicht als Folge »typischen NS-Unrechts« an. Auch das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« bestand in Teilen der Bundesrepublik formal bis 1974 fort. In der Sowjetischen Besatzungszone war es bereits vor Gründung der DDR aufgehoben worden.
Debatten um Entschädigungsleistungen in Westdeutschland zeigten bis in die 1960er Jahre häufig eine grundsätzliche Befürwortung der eugenischer Sterilisationen. Leistungsansprüche aufgrund von Formfehlern bei »Erbgesundheitsverfahren« bestätigten das Gesetz nach 1945 indirekt als »rechtens«. Antragsteller trafen auf dieselben Gutachter, die für ihre Zwangssterilisation verantwortlich gewesen waren. Auch die ehemaligen »Erbgesundheitsrichter« Werner Villinger (1887–1961) und Helmut Ehrhardt (1914–1997) traten 1961 im Bundestagsausschuss für Wiedergutmachung als Experten auf – und lehnten eine Entschädigung der Opfer ab.
1987 gründeten Opfer den Bund der »Euthanasie«-Geschädigten und Zwangssterilisierten, um ihren Kampf um Anerkennung organisiert fortzuführen. Ein Jahr später erklärte der Bundestag das Zwangssterilisations-Gesetz zum »NS-Unrecht«, 1998 hob er die Urteile der »Erbgesundheitsgerichte« formal auf. Erst 2007 ächtete das Parlament das Gesetz. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz haben »Euthanasie«-Opfer und Zwangssterilisierten bis heute nicht, auch wenn sie Leistungen nach einer Härtefallregelung erhalten können.