»Unausdenkbar, Dich, mein kleines Mädchen, nicht wiederzusehen«. Dies schrieb Olga Benario-Prestes kurz vor ihrer Ermordung an ihre junge Tochter. Die Kommunistin und Jüdin war seit den 1920er Jahren politisch sehr aktiv gewesen. Sie hatte sich zu dieser Zeit unter anderem an einer spektakulären Gefangenenbefreiung in Berlin-Moabit beteiligt und flüchtete 1933 in die Sowjetunion. Dort lernte sie Luis Carlos Prestes kennen, mit dem sie 1935 in seine Heimat Brasilien ging.
Nach der Beteiligung des Paares an einem gescheiterten Putsch in Brasilien lieferte das Land Olga Benario-Prestes 1936 an die Gestapo aus. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits schwanger. Ihre Tochter brachte sie kurze Zeit später im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße zur Welt. Das Kind wurde Olga Benario-Prestes weggenommen und zur Großmutter nach Brasilien gegeben.
Nachdem sie 1938 in das Konzentrationslager Lichtenburg gebracht wurde, deportierte sie die Gestapo 1939 in das Konzentrationslager Ravensbrück. Im Rahmen der sogenannten Judenaktion wurde Olga Benario-Prestes mit einem der ersten Transporte von Ravensbrück in die Gasmordanstalt Bernburg verlegt und dort Ende April 1942 ermordet.
Mein geliebter Carlos,
ich habe Deinen Brief vom 12.9. erhalten und bin unendlich froh darüber, Dir wieder antworten zu können. (...) Vor allem danke ich Dir für Deine Informationen über Anita. Abgesehen davon, dass sie mich darüber beruhigen, wie es unserer Kleinen geht, sind sie ein Beweis dafür, dass Du genauso stark wie ich empfindest, was für mich alle diese verlorenen Jahre des Mutterglücks bedeuten. (...) Doch beim Gedanken an die großen Leiden unserer Zeit wage ich es kaum, mich über das Los zu beklagen, das uns seit so langer Zeit von unserer Tochter trennt.
Letzter überlieferter Brief Olga Benarios an Luiz Carlos Prestes aus dem KZ Ravensbrück, 11.12.1941, zit. nach R. Cohen (Hg.): Olga Benario - Luiz Carlos Prestes. Die Unbeugsamen. Briefwechsel aus KZ und Gefängnis, Göttingen 2013, 259-260