Die Patienten der 1904 eröffneten Anstalt Meseritz-Obrawalde wurden bis 1942 deportiert und ermordet. Danach brachte man Menschen mit psychischen Erkrankungen aus dem gesamten Deutschen Reich in diese Anstalt. Die meisten von ihnen ermordete das Personal kurz nach der Ankunft. Der linientreue Oberarzt Theophil Mootz (1872–1945) bestimmte jeweils bei der Visite, welche Patienten ermordet werden sollten. In »Isolierzimmern« tötete das Pflegepersonal täglich bis zu 15 Menschen mit überdosierten Beruhigungsmitteln. Die Zahl der Opfer wird auf 7.000 bis 13.000 geschätzt. 1945 bezeichnete eine russische Untersuchungskommission Meseritz-Obrawalde als eine »nationale Einrichtung zur Vernichtung der deutschen Bevölkerung.«
Ich hatte den Patientinnen vorher erzählt, daß sie nur eine kleine Kur mitzumachen hätten. Selbstverständlich habe ich dieses Märchen nur solchen Patientinnen sagen können, die noch genügend klaren Verstand besaßen, um es begreifen zu können. Beim Eingeben nahm ich sie liebevoll in den Arm und streichelte sie dabei. Wenn sie beispielsweise den Becher nicht ganz austranken, weil es ihnen zu bitter war, so redete ich ihnen noch gut zu, sie hätten doch nun so viel getrunken und sollten den Rest auch noch zu sich nehmen, weil sonst die Kur nicht zu Ende geführt werden könne.
Aussage von Anna G., Krankenpflegerin in Meseritz 1941–1945, vor dem Landgericht München 1962, zit. nach H. Steppe (Hg.): »Ich war von jeher mit Leib und Seele gerne Pflegerin.« Über die Beteiligung von Krankenschwestern an den »Euthanasie«-Aktionen in Meseritz-Obrawalde, Frankfurt/M. 2011, S. 55-56